Ein Leitfaden für Pflegekräfte aus Indien.
Die Anforderungen im deutschen Gesundheitswesen steigen. Gleichzeitig kommen immer mehr internationale Pflegekräfte nach Deutschland – vor allem aus Indien. Viele bringen Berufserfahrung aus Kliniken mit. Kein Wunder also, dass viele zuerst an ein Krankenhaus denken, wenn sie über ihren ersten Arbeitsplatz in Deutschland nachdenken.
Doch der Einstieg im Pflegeheim bietet internationale Bewerber*innen oft deutlich bessere Chancen, schnell anzukommen, sich weiterzuentwickeln und erfolgreich Fuß zu fassen.
Dieser Beitrag zeigt die wichtigsten Unterschiede – und warum der Start in der Altenpflege für viele der klügere Weg ist.
1. Unterschiedliche Welten: Klinik vs. Pflegeheim
Krankenhaus: Akut, schnell, spezialisiert
Im Krankenhaus geht es um akute Erkrankungen, schnelle Diagnostik und medizinische Behandlungen. Pflegekräfte arbeiten eng mit Ärzt*innen zusammen und setzen medizinische Anordnungen um. Die Abläufe sind hochstrukturiert, der Druck ist hoch, und der Patient bleibt oft nur wenige Tage.
Typisch:
hoher Zeitdruck
wechselnde Patient*innen
viel Behandlungspflege
wenig langfristige Bindung
starke medizinische Fokussierung
Altenpflegeheim: Langfristig, persönlich, ganzheitlich
In Pflegeheimen leben Menschen dauerhaft. Pflegekräfte begleiten sie über Monate oder Jahre. Die Tätigkeiten sind vielfältig, kombiniert aus Grundpflege, Behandlungspflege, sozialer Betreuung und Alltagsbegleitung.
Typisch:
enge Beziehungen zu Bewohnern
konstante Teams
mehr Eigenverantwortung im Alltag
Kommunikation, Empathie und Nähe
Fokus auf Lebensqualität
Viele internationale Pflegekräfte berichten später, dass sie gerade diese langfristige Beziehungspflege besonders motivierend finden.
2. Warum indische Pflegekräfte Krankenhäuser bevorzugen – und warum das oft ein Missverständnis ist
In Indien gibt es nur wenige Altenheime – und wenn, dann meist für sehr wohlhabende Menschen. Die Pflege im Alter trägt traditionell die Familie. Deshalb kennen viele indische Pflegekräfte ausschließlich den Klinikalltag.
In deutschen Krankenhäusern übernehmen Angehörige jedoch nicht die Grundpflege. Dies ist Aufgabe der Pflegekräfte.
Für viele Neuankömmlinge ist das ein Kulturschock. In manchen Kliniken mussten indische Pflegekräfte zuerst in Grundpflege geschult werden, weil diese Tätigkeiten in Indien fast ausschließlich von Familien durchgeführt werden.
👉 Im Altenheim hingegen ist die Kombination aus Grundpflege, medizinischer Pflege und sozialer Betreuung ein natürlicher Teil des Arbeitsalltags – ideal für den Einstieg.
3. Karrierechancen: In der Altenpflege deutlich höher und schneller erreichbar
Altenpflege: Der Karriere-Turbo
Durch den massiven Fachkräftemangel bieten Pflegeheime internationale Pflegekräften sehr gute Aufstiegsmöglichkeiten – schneller als Kliniken.
Typische Karrierewege:
🔹 Wohnbereichsleitung (WBL)
Leitung eines Wohnbereichs
Dienstpläne, Teamkoordination, Pflegequalität
möglich nach 6–18 Monaten + Weiterbildung
🔹 Pflegedienstleitung (PDL)
Leitung der gesamten Pflegeeinrichtung
hohe Verantwortung, Managementaufgaben
oft 60.000 €+ Jahresgehalt möglich
🔹 Einrichtungsleitung (Heimleitung)
Organisation, Personal, Finanzen, Qualität
eine echte Management-Position
Krankenhaus: Guter Weg, aber langsam
In Kliniken dauert es viel länger, Führungspositionen zu übernehmen. Viele Stationen haben nur eine Leitung, und diese Posten sind heiß begehrt.
Typische Laufbahn:
Pflegefachkraft
Fachweiterbildung (z. B. Intensiv/OP)
nach vielen Jahren: Stationsleitung
Für internationale Pflegekräfte ist dieser Weg oft deutlich länger.
4. Gehalt: Warum der Start im Pflegeheim finanzielle Vorteile bringen kann
Natürlich hängt das Gehalt immer vom Träger, der Region und von Tarifverträgen ab. Viele internationale Pflegekräfte unterschätzen jedoch, wie gut die Vergütung in Deutschland tatsächlich ist – besonders bei großen Pflegeheimketten, die sich an Tarifstrukturen orientieren.
Realistische Gehälter 2025 für Pflegefachkräfte
Während häufig von 2.800–3.300 € brutto die Rede ist, liegt das tatsächliche Gehalt in vielen Einrichtungen inzwischen deutlich höher:
Pflegefachkraft (Vollzeit, große Träger, tariforientiert):
👉 3.300–3.700 € brutto pro Monat
Dies entspricht in der Regel etwa 2.400–2.700 € netto
(Angabe für unverheiratete Personen, Steuerklasse I).
Mit Schichtzulagen (Nacht-, Wochenend-, Feiertagszuschläge):
👉 sind bis zu 3.900 € brutto realistisch.
Damit verdienen viele ausländische Pflegefachkräfte mehr, als sie zunächst erwarten.
Für internationale Pflegekräfte, die ihre Familien finanziell unterstützen, ist dieser Unterschied besonders wertvoll.
Leitungspositionen: deutlich höhere Einkommen
Durch die hohen Aufstiegschancen in der Altenpflege können internationale Pflegekräfte finanziell sehr schnell profitieren:
Wohnbereichsleitung (WBL):
👉 4.400–4.700 € brutto/Monat
(je nach Träger & Erfahrung teilweise darüber)
Pflegedienstleitung (PDL):
👉 5.000–6.000 € brutto/Monat, teilweise mehr
(zusätzliche Boni oder Dienstwagen möglich)
Der wesentliche Vorteil:
Diese leitenden Positionen sind in der Altenpflege deutlich schneller erreichbar als im Krankenhaus, weil dort der Bedarf an qualifizierten Führungskräften sehr groß ist.
5. Anerkennung: Altenpflege bietet den leichteren Einstieg
Viele Pflegekräfte aus Drittstaaten müssen zunächst eine Kenntnisprüfung bestehen oder eine Anpassungsqualifizierung durchlaufen. Kliniken stellen dafür häufig nur vollständig anerkannte Fachkräfte ein.
Pflegeheime dagegen:
stellen eher Pflegekräfte „in Anerkennung“ ein
unterstützen aktiv im Anerkennungsverfahren
bieten Arbeitszeitmodelle, die Qualifizierungen ermöglichen
Neuer Vorteil seit 2024: Die Anerkennungspartnerschaft
Pflegekräfte können mit A2 nach Deutschland kommen und die Anerkennung parallel im Heim nachholen. Pflegeheime nutzen diese Möglichkeit häufiger als Krankenhäuser.
👉 Das bedeutet: schnellerer Start + schnelleres Einkommen + bessere Betreuung.
6. Verantwortung & Aufgaben: Was Pflegekräfte aus Indien wissen sollten
In Deutschland gelten klare Regeln:
Arzneimittel dürfen nur Ärzt*innen verordnen.
Behandlungspflege erfolgt auf Anordnung.
Pflege ist eine geschützte Berufsrolle.
Viele indische Pflegekräfte übernehmen in ihrer Heimat Tätigkeiten, die in Deutschland Ärzten vorbehalten sind. Das kann anfangs verwirrend sein, ist aber gesetzlich festgelegt.
Der große Vorteil im Heim:
Du übernimmst umfassende Aufgaben:
Pflege
Betreuung
Beobachtung
Dokumentation
Organisation
Diese Vielfalt ist perfekt, um das deutsche System zu verstehen und fachlich weiterzukommen.
7. Sprache & Kultur: Altenpflege erleichtert das Deutschlernen
Die Sprachbarriere ist die größte Herausforderung für internationale Pflegekräfte.
Im Krankenhaus:
hoher Zeitdruck
komplexe medizinische Begriffe
schnelle Kommunikation
Im Pflegeheim:
mehr Alltagssprache
wiederkehrende Routinen
Zeit für Gespräche
Bewohner sind oft geduldig und freundlich
👉 Das macht den Alltag leichter und den Spracherwerb schneller.
8. Warum der Start im Pflegeheim die beste Wahl sein kann
Hier die wichtigsten Argumente zusammengefasst:
✅ schneller Einstieg
✅ leichterer Anerkennungsprozess
✅ bessere Karrierechancen
✅ schneller höhere Gehälter
✅ angenehmerer Start in Sprache & Kultur
✅ enge Beziehungen und mehr Dankbarkeit
✅ mehr Ruhe und weniger Stress
✅ späterer Wechsel ins Krankenhaus jederzeit möglich
Viele internationale Pflegekräfte sagen rückblickend:
„Die Altenpflege hat mir den Weg nach Deutschland erleichtert. Ich würde es wieder so machen.“
Thorsten Pritz
Experte für Integration internationaler Fachkräfte
Mentoring & Ressources















