Arbeitskräfte aus Indien, ein Reisebericht

Eine Einladung der Medhavi Skills University unter der Schirmherrschaft des Obersten Ministers von Sikkim Prem Singh Tamang-Golay zur Grundsteinlegung des MSU Overseas Workforce Mobility Hub.

Von Frankfurt nach Neu-Delhi: Ein entspannter Start

Die Anreise erfolgte an einem sommerlichen Septemberabend von Frankfurt mit einem entspannten Direktflug nach Neu-Delhi. Die indische Fluglinie Vistara bietet diesen Direktflug mit einer Flugzeit von 8 Stunden und 40 Minuten an. Entspannt eingestiegen um 20.20 Uhr deutscher Zeit und Ankunft um 08.30 Uhr indischer Zeit. Hört sich nach einem entspannten Start in den Tag an – nach deutscher Zeit war es allerdings erst 04.30 Uhr, also war ich dementsprechend noch „etwas“ müde. In Deutschland war ich bei über 34 Grad abgeflogen – in Delhi war es hingegen etwas kühler, mit überraschend angenehmem Klima. Ich hatte eher tropische Schwüle erwartet, was aber nicht der Fall war. Alles in allem, ein sehr angenehmer Start.

Meine indischen Kollegen hatten mir bereits einige Stories zum Verkehr in Delhi erzählt, und ich hatte mir auch einige YouTube-Videos dazu angesehen. Es selbst zu erleben ist jedoch eine ganz andere Geschichte. Ein unglaublich überfülltes Chaos an Fahrzeugen, Menschen und Tieren. Ja, auch Kühe stehen auf der Straße. 

Delhis Verkehr: Chaos und Koordination Hand in Hand

Wohl dem Menschen, der die Klimaanlage erfunden hat – ein geschlossenes klimatisiertes Fahrzeug war Gold wert. Delhi gehört zu den Städten mit der höchsten Luftverschmutzung, welche mir aber an diesem Morgen erspart geblieben ist. Erstaunlich war, dass sich eine gewisse Koordination und Absprache innerhalb des Chaos fand. Klar, es wird durchgehend und ausgiebig gehupt – aber ich habe selten Fahrer erlebt, die sich aufregen (auch nicht in den Folgetagen)! Auch ist der Großteil der Fahrzeuge, trotz der Fahrweise, ungewöhnlich gut erhalten. Meinem Empfinden nach hatte ich in Rom oder Paris deutlich mehr verbeulte Autos gesehen als in Delhi.

Geschmacksexplosion: Die authentische indische Küche

Am ersten Abend konnte ich bereits die lokale Küche im Cafe Sandoz, Neu-Delhi, genießen. In Deutschland hatte ich bereits die indische Küche schätzen gelernt – diese aber live und in Farbe zu erfahren, war außergewöhnlich. Mein Begleiter Rajeev Sharma von der JBM Group hatte die Kellnerin gebeten die Speisen nicht zu sehr zu schärfen, was eine ausgezeichnete Idee war. Da ich selber Teilzeit-Veganer und Vollzeit-Vegetarier bin, ist die indische Küche perfekt für mich. Die Zubereitung, der Geschmack, die Vielfalt – unglaublich. Um es vorwegzunehmen und um nicht jedes Mal en détail alles zu beschreiben: jedes, aber auch wirklich jedes neue Gericht war ein Fest für meine Sinne. Ich habe viele Länder bereits, jedoch bisher in keinem jedes Mal so lecker essen dürfen. Mein Favorit – Masala mit Reis und Brotfladen.

Begegnungen in Sikkim: Vom Himalaja bis zur Universität

Am nächsten Tag, Montag, fand die Anreise nach Sikkim statt, erneut mit dem Flieger. Von Delhi ging es zwei Stunden Richtung Osten, bis an die Ausläufer des Himalajagebirges. Zielflughafen: Bagdogra. Im Flieger hatte ich das Vergnügen Herrn Sonam Wangdi und seinen Sohn kennenzulernen. Herr Wangdi ist der ehemalige Chief Secretary von Sikkim und Life Member der London School of Economics Society in England. Er ließ mich an der spannenden Geschichte seines Lebens teilhaben, die kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges begann. Am Ende erhielt ich eine Einladung zu ihm nach Hause, was ich aber aus Zeitgründen leider nicht realisieren konnte und bei meinem nächsten Besuch in Sikkim nachholen werden. Versprochen, Mr. Wangdi!

Nach der Landung ging es dann mit dem Taxi etwa 100 km Richtung Gangtok, der Hauptstadt Sikkims. Welches übrigens “das Juwel Indiens” genannt wird. Google Maps sagte mir, dass wir für die Strecke etwa 5 Stunden benötigen würden, was mir echt spanisch vorkam. 100 km, 5 Stunden? Das bedeutet eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 20 km/h?!
Aus Bagdogra heraus benötigten wir etwa 1 Stunde, bis die Umgebung sich schlagartig veränderte. Häuser verschwanden und die ersten Affen (!) tauchten am Straßenrand auf. Zuerst vereinzelt, dann in Gruppen. Es gab bis zu den ersten Bergstraßen immer wieder Straßensperren. Diese sollten Holzfäller davon abhalten, Bäume zu schlagen. Allerdings war keine der Straßensperren zu dieser Zeit besetzt. Aber die Straßensperren waren noch vorhanden und bremsten immer wieder unsere Fahrt aus, weil sich auf beiden Seiten der Verkehr vor ihnen staute. Dann begann ein scheinbar nicht enden wollender Aufstieg. Die Straße zog sich in engen, teils sehr engen Schlangenlinien immer weiter die Berge hoch. Teilweise passten gerade noch zwei PKWs nebeneinander. Auf der einen Seite die steile Felswand und auf der anderen ein senkrechter, nicht gesicherter Abgrund, der mehrere hunderte Meter nach unten ging. Was für ein Job, als Taxi- oder LKW-Fahrer diese Strecke häufiger zu fahren! Vor fast jeder Kurve wird gehupt, oder wenn überholt wird – also irgendwie – fast immer.
Nach zwei Stunden machten wir einen Zwischenstopp in einem kleinen Dorf, welche immer wieder auftauchten und in denen kleine Buden und Geschäfte Waren und Essen anboten. Ich muss ehrlich sagen, ganz wohl war mich nicht dabei dort zu essen, weil garantiert jede deutsche Lebensmittelbehörde diesen Betrieb geschlossen hätte. Aber das Essen war köstlich! Zum Glück habe ich auch im Nachgang keine Magenprobleme bekommen. So wie an allen Tagen meiner Reise durch Indien, an denen ich stets das Essen genoss und nie gesundheitliche Probleme bekam.

Die Fahrt zog sich durch die Berge über etwa vier Stunden. Die letzten 6 km vor dem Hotel waren endlich erreicht, und dann kam der Abendverkehr von Gangtok, plus eine Menge an Baustellen. Für die letzten 6 km benötigten wir dann noch etwas mehr als eine Stunde. Tatsächlich habe ich diese lange Fahrt genießen können. Viele Eindrücke durch die Menschen und die atemberaubende Schönheit der Natur durch Flora und Fauna. Ich will auch nicht verheimlichen, dass die Autofahrt einige Momente hatte, in denen ich gefühlt mit meinem Fuß das Bodenblech durchgedrückt hatte. Mit einem stoisch gelangweilten Gesichtsausdruck hat der Fahrer aber jede Situation gemeistert. Er ist diese Strecke sicherlich schon etwas öfter gefahren.

Bei unserer Ankunft wurden wir von Kuldip Sarma (Co-Founder & Pro-Chancellor Medhavi Skills University), seinem Kollegen Atin Garg (Director – Office of International Affairs) und Assistentin Sushma Bhattarai empfangen, und es begann das erste Photoshooting, mit anschließendem gemeinsamem Abendessen.

Ankunft in Gangtok. Von links nach rechts: Sushma Bhattarai, Kuldip Sarma, Holger Lange, Rajeev Sharma, Suprabhat Sharma, Atin Garg

Meine indischen Gastgeber hatten ein wunderbares Zimmer im Ramada BY Wyndham Gangtok Hotel & Casino für mich reserviert. Der zu erwartende Anblick am Morgen war schon zu erahnen. Das Hotel liegt wie fast alle Gebäude von Gangtok am Hang der Berge. Mit einem Blick nach draußen durch die bodentiefen Fenster hätte man auch das Gefühl haben können, dass man in der Schweiz sei.

Die Medhavi Skills University

Mittlerweile war es Dienstag, und wir wurden um 09.30 Uhr vom Hotel abgeholt und fuhren direkt zur Medhavi Skills University. Eine Menge Security war bereits vor Ort, mit Kontrollen des Gepäcks und der Gäste. Wir wurden in das Theater der Universität geführt, welches Platz für 700 Studenten hat. Der Chief Minister of Sikkim, Prem Singh Tamang, war der Hauptgast, zusammen mit Arbeitsminister Shri L.N. Sharma, Bildungsminister K. N. Lepcha, Kabinettsministern, MLAs, Beratern, Vorsitzenden, dem Bürgermeister, dem stellvertretenden Bürgermeister, Stadträten, der Gangtok Municipal Corporation, SDGP Akshay Sachdeva, Sekretären und Beamten verschiedener Abteilungen, dem District Collector, Gangtok, Beamten, internationalen Delegierten und Studenten der Sikkim Medhavi Skills University. Der Saal war ein schönes Theater mit abfallenden Sitzreihen und einer großen fast umlaufenden Empore.

Vor der Eröffnung des MSU Overseas Workforce Mobility Hub durch den Minister und die Teilnehmer hatte ich die Möglichkeit mit den Studenten der verschiedenen Fachbereiche zu sprechen. Auf mich machten Sie einen äußerst kompetenten und sehr zuvorkommenden Eindruck. Ich hatte wirklich großartige Gespräche und konnte einen guten Einblick in das Programm der Universität gewinnen. Meine anfänglichen Bedenken, dass es vielleicht durch einen Akzent oder regionalen Dialekt schwieriger sein könnte sie zu verstehen, war unbegründet. An dieser Stelle nochmals vielen Dank für die Geduld mir die Themen vorzustellen und zu erklären.

Als der Chief Minister eintraf, warteten bereits alle im Theater und wir konnten uns begrüßen. Der Chief Minister ist ein sehr freundlicher und angenehmer Gesprächspartner, der immer ein Lächeln auf seinen Lippen hat. Wir konnten während der Veranstaltung einige Punkte besprechen, die unser jeweiliges Interesse trafen. Auch hier nochmals meinen herzlichen Dank für dieses äußerst angenehme Zusammentreffen an den Chief Minister und meinem weiteren Sitznachbarn, den Arbeitsminister Shri L.N. Sharma.

Start des MSU Overseas Workforce Mobility Hub

Das Programm war spannend und professionell durchgeführt. Kulturelle Tänze, Gesänge und Drachentanz waren mit dabei. Vorträge der Minister, der Universität und Teilnehmer rundeten dieses Event zu einer erfolgreichen Veranstaltung ab. Für mich persönlich bot es natürlich die Gelegenheit zu den politischen Würdenträgern, Gästen und über 700 Studenten zu sprechen. Die abschließende symbolische Übergabe eines Buddhas und der Vereinbarung der deutsch-japanisch-indischen Kooperation durch den Hon`ble Chief Minister of Sikkim und dem geplanten Start des MSU Overseas Workforce Mobility Hub machten die Veranstaltung perfekt. Den Tag rundete ein gelungenes Abendessen mit dem Minister für Arbeit Shri L.N. Sharma ab, der uns zu dem gelungenen Start des Mobility Hub beglückwünschte und mit dem wir viele interessante Punkte diskutieren konnten.

Gangtok: Das Juwel Indiens hautnah erleben

Am Mittwoch konnten wir einen wundervollen Sightseeingtag durch einen Ausschnitt von Gangtok erleben. Tempel, Wasserfälle und atemberaubende Aussichten säumten unseren Weg auf bis über 3.800 Metern. Sogar der mit 8.586 Metern höchste Berg Indiens (und dritthöchste der Welt), der Kangchenjunga, war zu sehen. Ein unbeschreiblicher Anblick von Schönheit und Größe! Hier sprechen Bilder sicherlich mehr als Worte.

Reflexionen: Die tiefe Wirkung einer Reise nach Indien

Leider kam die Abreise viel zu schnell! Die Verarbeitung der Eindrücke ist sehr nachhaltig und beschäftigt mich heute noch. Auch die Menschen, die ich kennenlernen durfte, haben mich tief berührt.

Abschließend kann ich sagen, dass durch den ersten Einblick in Land, Kultur und Menschen sehr zuversichtlich in die nächsten Jahre blicken kann. Der Eindruck zu Werten, Toleranz und Offenheit war beeindruckend. Tatsächlich ist Indien in einigen Bereichen offener, als ich es von Deutschland aus kenne. Ich freue mich sehr auf die nächste Zeit, um die Verbindung zu vertiefen und die ersten Teilnehmer in das Projekt aufnehmen zu können.

Fotos: Medhavi Skills University, Atin Garg, Rajeev Sharma, Holger Lange.