Ein persönlicher Erfahrungsbericht von Gregor – Pflegefachkraft mit Herz und Erfahrung
1. Ankommen heißt nicht nur Landen
Du bist gerade aus Indien gekommen, vielleicht nach einem langen Flug über Istanbul oder Dubai, mit zwei Koffern, einer zu dünnen Jacke und einem Kopf voller Erwartungen. Du landest in Frankfurt, Berlin oder München – und plötzlich bist du nicht mehr nur Pflegekraft. Du bist:
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neu
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fremd
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beobachtet
Das ist hart. Und das wird dir keiner sagen – außer jemandem, der es kennt. Dein erster Tag im Krankenhaus beginnt vielleicht mit einem Lächeln – und endet mit vielen Fragezeichen.
Wer ist zuständig? Was bedeutet „VZK“? Warum gibt es drei Klingeln, aber keiner geht ran?
👉 Mein Rat:
Atme durch. Schau dich um. Beobachte – aber sei nicht still. Freundlichkeit hilft. Direktheit auch. Und Mut sowieso.
2. Schwestern sind manchmal wie Berliner Wetter
Wenn du denkst, eine Kollegin mag dich nicht – vielleicht ist das so. Vielleicht bist du aber auch nur „die Neue“ oder „der Neue“. Viele Pflegekräfte in Deutschland sind gestresst. Und dann kommst du – freundlich, motiviert, höflich. Manchmal stößt das auf Skepsis. Aber das legt sich.
👉 Meine Taktik:
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Direkt sein, aber nicht hart.
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Fröhlich, aber nicht naiv.
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Frag lieber einmal mehr als zu wenig – und erkläre, wenn du etwas nicht verstehst.
3. Pflege kann richtig Spaß machen
Zwischen Verbandswechseln, Kathetern und klingelnden Zimmern vergisst man das schnell – aber Pflege hat Kraft. Wenn ein Patient dir vertraut oder eine Bewohnerin nach dir fragt, weil du ihr den Tee schön reichst – dann weißt du, warum du das machst.
👉 Mein Tipp:
Halte dich an diesen Momenten fest. Sie geben deinem Beruf Sinn – selbst um 3 Uhr nachts beim Blutabnehmen.
4. Deutsch ist direkt – lerne das!
In Indien wird oft viel gelächelt. In Deutschland wird oft viel gesagt – direkt. Das kann erstmal hart wirken. Wenn jemand sagt: „Das war nicht gut“, heißt das nicht „Ich hasse dich“, sondern einfach: „Bitte mach das nächstes Mal anders.“
👉 Deshalb:
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Sag, was du meinst.
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Sprich aus, wenn du Hilfe brauchst.
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Mach keine Umwege.
Ein Satz wie „Ich habe das noch nie gemacht – kannst du mir helfen?“ ist viel besser als nur freundlich zu lächeln und Chaos in Zimmer 12 zu riskieren.
5. Nicht jeder wird nett sein – und das ist okay
Es wird Kolleginnen geben, die dich nicht verstehen oder Vorurteile haben. Leider. Aber es gibt auch Menschen, die dir helfen, dich unterstützen, dir Kaffee bringen oder erklären, wie man das Infusionsbesteck trennt.
👉 Lerne zu unterscheiden:
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Wer dich kleinmachen will – Abstand.
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Wer dir helfen will – Vertrauen.
Bitte verliere nie deine Herzlichkeit. Sie wird dich weit bringen.
6. Und dann ist da noch die Bürokratie…
Willkommen im Land der Formulare. In Deutschland gilt: Wenn du etwas nicht dokumentiert hast, hast du es nicht gemacht – so sehen das viele.
👉 Mein Tipp:
Schreib mit. Frag nach. Und irgendwann wirst du selbst Kolleg*innen daran erinnern: „Hast du das schon in die Kurve eingetragen?“ 😄
7. Einmal Pflegekraft – immer Pflegekraft
Heute arbeite ich bei people2help. Ich unterstütze internationale Pflegekräfte beim Ankommen in Deutschland. Aber manchmal vermisse ich das Krankenhaus – den Geruch von Desinfektionsmittel, das Piepen der Monitore, die Hektik bei der Frühübergabe. Pflege lässt dich nicht mehr los – und das ist gut so.
8. Zum Schluss – Mein Rat an dich
Wenn ich dir nur einen Satz mitgeben dürfte, dann wäre es dieser:
👉 Sei mutig. Sei freundlich. Sei klar – und bleib du selbst.
Du musst nicht perfekt sein. Aber du musst echt sein. Deine Kolleginnen und Patientinnen werden das merken – und du wirst dazugehören. Vielleicht schneller, als du denkst.

Gregor Werner
Integrationslotse & Coach bei people2help
Pflegefachmann