Ein Erfahrungsbericht von Divine Drygas – Pflegefachkraft aus den Philippinen, seit 2015 in Deutschland. Heute tätig bei people2help.
Sprache ist im Pflegeberuf viel mehr als nur Kommunikation – sie ist Verbindung, Verantwortung und Sicherheit. Ich heiße Divine Drygas und bin 2015 nach Deutschland gekommen. Nach einem Anpassungslehrgang arbeitete ich zuerst im Pflegeheim, später acht Jahre in der Dialyse. Heute begleite ich bei people2help internationale Pflegekräfte beim Start in Deutschland.
In diesem Beitrag zeige ich dir, wie du im Berufsalltag sicher auf Deutsch kommunizierst – mit Kolleg:innen, Patient:innen und Angehörigen. Du bekommst Beispiele, Fachvokabular, Tipps zum Üben und Erfahrungen aus meinem eigenen Arbeitsalltag.
1. Warum Berufsdeutsch so wichtig ist
Berufsdeutsch ist nicht dasselbe wie Alltagsdeutsch. Es ist präzise, sachlich und klar – und oft auch formeller. In der Pflege geht es um Gesundheit und Verantwortung. Unklare Aussagen können gefährlich sein.
Deshalb brauchst du:
✅ berufsbezogenes Vokabular
✅ passende Formulierungen für Fachgespräche
✅ ein Gefühl für Ton und Stil im Team
2. Kommunikation mit Kolleg:innen – klar und effizient
Im Pflegealltag arbeitest du mit vielen Berufsgruppen:
Pflegehelfer:innen
Ärzt:innen
Stationsleitungen
Therapeut:innen
Pflegeexpert:innen
Beispiele aus der Praxis:
🗣️ „Frau Müller hat in der Nacht mehrfach nach Schmerzmitteln gefragt. Bitte heute auf die Dosierung achten.“
🗣️ „Vitalzeichen unauffällig. Wunde wird täglich mit NaCl gespült und mit Kompresse abgedeckt.“
👉 Tipp: Nutze kurze, klare Sätze. Vermeide Umgangssprache und schreibe verständlich – auch für später.
3. Mit Patient:innen sprechen – empathisch und verständlich
Fachbegriffe sind bei Patient:innen oft fehl am Platz. In stressigen oder intimen Situationen zählt Einfühlungsvermögen.
Beispiel:
Fachlich: „Sie bekommen heute eine subkutane Injektion.“
Patientenfreundlich: „Ich gebe Ihnen eine Spritze unter die Haut. Das tut nur kurz weh.“
Fachsprache | Einfach erklärt |
intravenös | über die Vene |
Mobilisation | Hilfe beim Aufstehen & Bewegen |
Dekubitus | Wundliegen |
Katheter legen | Schlauch in die Blase einführen |
👉 Beobachte die Reaktion deiner Patient:innen. Frag ruhig: „Soll ich das anders erklären?“
4. Angehörige einbeziehen – professionell und klar
Gespräche mit Angehörigen brauchen Feingefühl – aber auch Struktur.
Typische Sätze:
🗣️ „Die Operation ist gut verlaufen. Ihr Vater schläft noch, aber er wird bald aufwachen.“
🗣️ „Ihre Mutter braucht aktuell Hilfe beim Essen. Wir unterstützen sie dabei.“
👉 Tipp: Keine Fachbegriffe ohne Erklärung. Höre aktiv zu und bleibe ruhig – auch wenn die Situation emotional ist.
5. Typisches Fachvokabular im Klinikalltag
Pflegehandlungen:
Verbandswechsel
Lagerung nach Bobath
Blutdruckmessung
Katheterpflege
Medizinische Begriffe:
Anamnese, Diagnose, Therapie
subkutan, intravenös
Mobilität, Thrombose, Dekubitus
Abkürzungen:
RR = Blutdruck
BZ = Blutzucker
o.B. = ohne Befund
p.o. = per os (über den Mund)
👉 Erstelle eine Vokabelliste und wiederhole sie regelmäßig – z. B. mit Kolleg:innen oder in Apps.
6. Kommunikation in stressigen Situationen
Im Notfall muss es schnell gehen.
🗣️ „Herr Müller hat Schmerzen im Brustbereich. RR 90/60, Puls 110. Ich rufe den Arzt.“
Wichtig:
✅ Nur relevante Infos
✅ In der Ich-Form sprechen: „Ich habe beobachtet …“
✅ Rückmeldung geben: „Verstanden.“
👉 Trainiere solche Situationen im Team – z. B. mit Fallbeispielen oder Notfallübungen.
7. Sprachliche Stolpersteine – und wie du sie vermeidest
Typische Fehler:
falsche Artikel: der Katheter, die Infusion, das Medikament
„sie“ (3. Person Plural) vs. „Sie“ (Höflichkeitsform)
Zeitformen: Ich habe geholfen vs. Ich half
Was hilft:
✅ Geduld
✅ Sprach-Apps (z. B. Ankommen, Quizlet, Nursing Deutsch)
✅ Kolleg:innen fragen
✅ Tandempartner:innen suchen
8. Tipps zum Üben und Lernen von Berufsdeutsch
🎯 Jeden Tag 15 Minuten gezielt üben
📝 Lernkarten mit Beispielsätzen schreiben
🎧 Dialoge nachsprechen – z. B. über YouTube
💻 Online-Plattformen nutzen (vhs Lernportal, PflegeABC)
🤝 Mit Kolleg:innen kurze Rollenspiele machen
9. Meine Erfahrungen – Divine berichtet aus dem Pflegealltag
In meinen ersten Wochen war nicht das deutsche Pflegesystem das größte Hindernis – es war die Sprache.
Ich erinnere mich an einen Patienten, der Angst vor dem Waschen hatte. Ich sagte:
🗣️ „Ich mache Sie sauber.“
Er fühlte sich wie ein Objekt.
Heute sage ich stattdessen:
🗣️ „Ich unterstütze Sie beim Waschen. Sagen Sie mir bitte, was Sie selbst machen möchten.“
👉 Diese Erfahrung hat mir gezeigt: Sprache ist Pflege. Sie schafft Vertrauen – und macht den Unterschied im Alltag.
10. Fazit: Mit Sprache Sicherheit gewinnen
Du musst kein perfektes Deutsch sprechen. Aber: Klarheit, Freundlichkeit und Fachlichkeit kannst du lernen. Schritt für Schritt.
Sprich offen. Stell Fragen. Wiederhole Begriffe. Notiere dir neue Wörter. Und: Hab keine Angst, Fehler zu machen – sie gehören zum Lernen dazu.
Ich teile meine Erfahrungen, damit dein Start leichter wird.

Divine Drygas
Integrationslotse & Coach bei people2help
Bachelor of Science in Nursing
🟡 We are people2help.
Wir helfen internationalen Pflegekräften – besonders aus Indien und den Philippinen – dabei, Deutsch zu lernen, in Deutschland anzukommen und ihren Traumberuf mit Kompetenz und Herz auszuüben.
Ob Sprachkurs, Anerkennung oder Orientierung im Alltag – wir begleiten dich persönlich und zuverlässig auf jedem Schritt deines Weges.
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